Die Münnichbrücke

 

Veröffentlicht in der Monatszeitschrift "Unsere Heimat" von unserem Heimatforscher Franz Langer. Geht man auf dem "Kirchwaag" (Kirchweg) von Bladensdorf nach Tschimischl, so kommt man über eine steile Lehne durch den Wald in das Seibersdorfer Kohlhautal. Rechts und links Wald, in der Mitte schmal eingebettet Wiesen, umwuchert von Gestrüpp. Durch die Wiesen schlängelt sich das Seibersdorfer Wasser, das die Grenze zwischen Bladensdorfer und Tschimischler Gemeindegrund bildet, gegen Wenzelsdorf.

 Eine Brücke, die in den 90ziger Jahren des vorigen Jahrhundert aus Steinen ausgeführt wurde und ein Steg, gebildet durch eine gewaltige Steinplatte, sorgen heute dafür, daß man trockenen Fußes über den Bach auf Tschimischler Gebiet gelangen kann. Früher bestand nur ein Steg, für Fuhrwerke ging nur eine Fuhrt durch den Bach.

 Diese Übergangsstellen über den Bach heißen die  ‘ Minnichbreck ‘  (Münnichbrücke), dir steile Seite auf der Bladensdorfer Seite die ‘Minnichlahn’ (Münichlehene). Bei dieser Brücke war es früher, wie der Volksmund zu erzählen weiß, nicht geheuer. Es äffte, es ging um. Hier hauste der “Minnich“, ein kleines grau gekleidetes Männchen mit Lichtlein, das selbst bei Tage, aber hauptsächlich nachts mit dem Wanderer seinen Schabernack trieb.

 In der neuen Zeit behagt es natürlich dem unholden Gesellen nicht mehr dort, es ist ihm zu licht geworden, seitdem man die Wälder abzuholzen, die Wiesen von Gestrüpp und Sumpf zu säubern begann. Und der nächtliche Wanderer der über die Brücke gehen muß, hat so ein eigenartiges Kästchen bei sich, kommt ihm etwas nicht ganz geheuer vor, so drückt er auf dasselbe und wie der Blitz erscheint ein grelles Licht, daß dem Wasserkauz dir Augen tränen, wenn es ihn versehentlich in sein verhutzeltes Gesicht trifft. Was vermag da sein Lichtlein dagegen! Nichts, rein gar nichts.

 Und die Leute sind auch nicht mehr wie früher, sie glauben gar nicht mehr an das Vorhandensein des Münnich. Da reden sie von Sumpf und Erdgas, Irrlichtern, Waldkauz und Uhu und schieben denen alles zu, was doch er, der Münnich und sein Freund der Nachtjäger und ein gut Teil Furcht des Wanderers vollbrachten.

 Früher aber, als die Kinder in der Schule noch nicht so aufgeklärt wurden, da war so das richtige Leben für einen hinterlistigen und schadenfrohen Gesellen, wie der Münnich einer war. Als noch uralte Waldriesen von Fichten und Tannen, Eichen und Buchen ein unheimliches Dunkel in die beiderseitigen Kirchenbüschln verbreiten, die Wiesen von Strauchwerk aller Art umwucherten und von Sumpfstellen durchzogen waren, da war der Steg über den Bach, Münnichs liebster Aufenthalt. Da zog er die bösen Kinder hinab ins kalte Wasser, weil sie ihn in seiner Ruhe störten in der kristallenen Wohnung, in dem sie Steine ins Wasser warfen, es dadurch trübe machten und ihm so die Aussicht verdarben aus seiner kühlen Behausung. Hatte er sie einmal im Wasser, so zwickte und zwackte er sie in ihre nackten Beine und Füße, daß sie hell aufschrien vor Schreck und Schmerzen und sich vergebens bemühten, die Beine aus seinen spitzigen Fingern zu befreien. Hatten sich die losen Schelme endlich aus dem Wasser gerettet, hing der Münnich in der Gestalt eines eklig grauen Tieres mit langen Fingern, geformt wie Zangen, an den Beinen, daß es Mühe und Schmerz kostete, ihn los zu werden.

 Aber das war ihm eben alles nur Kinderspiel. Erst nachts begann für ihn das richtige Leben. Da legte er sich in die düsteren Tale in der Nähe der Brücke auf die Lauer und wenn sich ein einsamer Wanderer dem Steg näherte, sprang er plötzlich mit seinem Lichtlein aus seinem Versteck hervor, ging dem Wanderer entgegen, als wollte er ihm über die Brücke leuchten und lockte denselben auch wirklich gerade neben den Steg ins Wasser, daß dieses dem Armen in die Augen spritzte und ihn vollständig um das bißchen klare Sehen und Denken brachte. Hatte sich der so Irregeleitete die Augen notdürftig ausgewischt, grinste ihm plötzlich der Kobold mit grünlich gelben Augen von einem alten Baumstumpf aus dem Strauchwerk entgegen, daß den schon Geängstigten das Grauen packte. Aber nicht genug damit, daß er den nächtlichen Wanderer neckte wie er nur konnte, seine ganze Familie rief er um Hilfe, um den Armen bis auf den Tod zu ängstigen.

 Hatte der Geängstigte endlich wieder trockenen Boden unter den Füßen, tauchte plötzlich eine ganze Reihe von Lichtgestalten vor ihm auf, kamen schnurstracks auf ihn zu, als wollten sie ihn wieder in den Bach zurück treiben. Der Geängstigte versuchte auf eine Seite auszuweichen, hatte aber plötzlich so einen Lichtgeist zwischen den Beinen. Voll Schreck machte er einen Sprung zur Seite und saß im nächsten Augenblick bis an die Hüften im Sumpf. Münnich mit seiner Schar war aber verschwunden, nur aus der Luft ertönte wie Hohngelächter ein greuliches  "Hu-Hu' auf den Armen herab.

 Hatte sich der Genarrte, vor Angst und Anstrengung in Schweiß gebadet, glücklich aus dem Sumpf gerettet, war Münnich auch schon wieder da, schloß mit seinen Sprößlingen einen Kreis um den halb zu Tode Geängstigten und tanzte einen Ringelreihen um ihn herum, bald in einem größeren Kreise, später  in einem kleinerem, ihn fast einschließenden, daß der Geschreckte voll Todesangst zu laufen begann, unbekümmert um die Richtung, nur von dem Gedanken beseelt, fortzukommen von diesem Ort des Grauens, verfolgt auf der Erde vom Münnich und seiner Schar, in der Luft begleitet vom Nachtjäger und seiner Meute und deren wildem Gejohle. Suchte er sich im langsamen Gange zu erholen und wagte zaghaft seinen Blick zurück, so trieb ihn der wilde Tanz vom Münnich und seiner Brut zu neuem Laufe an.

 Zu Tode erschöpft endlich daheim angelangt, vermochte der geplagte Wanderer kaum zu berichten, was ihm zugestoßen war und mußte er wieder einmal jenen Weg gehen, da trachtete er sicher an jener verrufenen Stelle bei Tageslicht vorbei zu kommen.

Die Brücke

Münnich  ist die Bezeichnung für einen Geist, der bei dieser Brücke sein Unwesen getrieben haben soll, hinter welchem nichts anders zu suchen ist, als die Irrlichter, die infolge der vielen Sumpfstellen auf den Wiesen dort auftauchen. In jenen Zeiten der geistigen Finsternis, in welchen der Geist Münnich erschienen sein soll, war es verpönt, den bösen Geist, d.h. den Teufel bei seinem Namen zu nennen, wenn man nicht in den Verdacht kommen sollte, mit dem Gottseibeiuns in Verbindung zu Stehen und dadurch mit dem Scheiterhaufen unliebsame Bekanntschaft zu machen. Man wählte daher zur Bezeichnung des ‘Bösen’ ganz unverfängliche Namen, wie Mönch, mundartlich wie Münnich. So hat sich die Bezeichnung Münnich, hinter welchem man das Wirken des Teufels vermutete, bis heute erhalten. So wird z.B. der Kreisel, das Kinderspielzeug, heute noch Münnich genannt. Auch das Sprichwort, er tanzt wie ein Minnich, stammt daher.

 Einen weiteren Anlaß zur Bezeichnung Mönch mag die graue münchartige Bezeichnung der Kleidung in die er eingehüllt war oder sein sollte, gegeben haben, die in dem grauen Dunst und Nebelschleiern des feuchten Wiesentals ihre Erkürung finden. Das übrige tat die Angst, die Einbildung und der Glaube jener Zeit. 

Hinter dem Nachtjäger, dem Begleiter des Münnich in der Luft ist wohl nichts anderes als die Stimme der verschiedenen Nachtvogel, des Uhus und dem Waldkauz, dann das Bellen des Fuchses usw., die einem abergläubischem und furchtsamem Menschen , wie sie Stimmen von Menschen und Hundemeute erschienen. Als dann die Wälder immer mehr ausgerodet wurden und dieselben keine Schlupfwinkel mehr boten für die verschiedenen Tiere des Waldes, als man die Wiesen säuberte und entwässerte, verschwanden auch die Irrlichter und das Moderholz. Die Herrschaft vom Münnich und seines Freundes dem Nachtjägers, war zu Ende.